Heinsberger Land

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Heinsberger Land in Sicht!

Heinsberger Land? Unbekanntes Land! Zumindest für mich. Doch, doch, die Gegend gibt es, nur nicht in meinem Niederrhein-Atlas. Na gut, so ein Kartenwerk ist ja auch von gestern. Heute ist Google Maps. Die Suchmaschine führt in und durch den Kreis Heinsberg. Größte Attraktion, zumindest gemessen an den Höhenmetern: die Millicher Halde.

Sie ist der ideale Ausgangspunkt, um Neuland zu entdecken. Das Heinsberger Land, das nun offiziell zur Tourismus-Region Niederrhein gehört.

Die Millicher Halde also. 70 Meter hoch, und das ist in der Tiefebene zwischen Maas und Rhein schon von enormer Bedeutung. So viel vorweg: Der Ausblick von ganz oben, man kann es ohne Übertreibung sagen, ist riiiiii-sieg.

Aber langsam, ich beginne auf dem Boden von Tatsachen. Anfahrt ins Heinsberger Land, geradewegs über die A46, die später als verlängerte Schnellstraße bis nach Holland führt. Runter vom Gas spätestens an der Abfahrt Hückelhoven-West, hier dann in Richtung Millich, nicht nach Ratheim, die Halde schon im Blick.

Kein natürlicher Berg, eine künstliche Aufschüttung, einst von Menschen gemacht. Ab 1936 wurde die Halde aufgeschichtet, bis 1972 wurden hier mehr als zehn Millionen Kubikmeter Abraum aus dem Bergbau abgekippt. Ein ewiges Überbleibsel aus dem Steinkohlezeitalter, der westlichste Berg des Reviers. Im Ruhrpott gibt es haufenweise solcher Hügel, und auch dort sind sie längst eine Touristenattraktion. Auf dem platten Land ist diese Halde der Gipfel – und längst auch eine Anlaufstelle für Besucher. Parken ist auf dem Schotterplatz an der Roermonder Straße (L117) möglich, kostenlos.

Was hier am Wochenende los ist, weiß ich nicht. An diesem Morgen an einem ganz normalen Werktag steht bloß noch ein weiteres Auto herum. Später wird sich zeigen, dass der Wagen einer Joggerin gehört, die hier regelmäßig ihre Runden dreht; so wie einige andere auch.


Auf geht’s! Über die so genannte Himmelstreppe.

Ach nee, denke ich, so ein Ding mit einem solchen Namen kenne ich doch. Von der Halde Norddeutschland in Neukirchen-Vluyn, mitten im Kreis Wesel. Dort führen 359 Stufen auf den 102 Meter hohen Hügel, ich habe selbst nachgezählt. Die Profis von Fortuna Düsseldorf kennen diesen Aufstieg auch, denn sie wurden hier schon mal hochgescheucht.

Zurück zur Millicher Halde, die wie alle Exemplare ihrer Art die Form eines Tafelberges hat. Das heißt: Es gibt keine Spitze, oben ist die Fläche flach, die Gipfelebene ist ein weitläufiges Plateau, auf dem in diesem Fall noch eine elf Meter hohe Aussichtsplattform gebaut wurde. Aber soweit bin ich noch nicht.


Da ist das Ding: die Aussichtsplattform.

Der Infotafel am Fuße des Berges entnehme ich: 400 Stufen müssen erklommen werden. Kein Problem. Zum Vergleich: Wer den Kölner Dom hinauf möchte, muss mehr als 500 Treppenstufen hinauf. Und neulich war ich mal im Münster in Ulm: 786 Stufen sind es hier bis auf den höchsten Kirchturm der Welt. Also bitte…


Zum Nachprüfen: 400 Stufen sollen es sein.

Nach rund 100 Stufen ist von der Umgebung noch nichts zu sehen. Dann, ab Stufe 141, lugt die Landschaft über den ersten Baumwipfeln hervor. Grünes Land, weites Land. Schritt für Schritt taucht unten die Stadt auf. Hückelhoven, knapp 40.000 Einwohner, war mal ein Zechenstandort. Unübersehbar zeugt davon das rostbraune Fördergerüst von Sophia-Jacoba. Zwischen 1914 und 1997 wurde auf dem Pütt Kohle gemacht, dann war auch hier Schicht im Schacht.


Ein Rückblick: die Halde hinunter, in die Vergangenheit der Stadt.

Wer heutzutage durch Hückelhoven fährt, kann eine Stadt im Strukturwandel sehen. Mit allen Ab- und Aufbrüchen, die so eine Entwicklung mit sich bringt. Auf dem ehemaligen Zechengelände gibt es das Besucherbergwerk „Schacht 3“, das von einem Förderverein in einem Lehrstollen betrieben wird. Geöffnet wird nach Vereinbarung, Führungen dauern solange wie ein Fußballspiel, der heimische Geschichtsunterricht kostet vier Euro pro Person, weitere Infos unter Ruf: 02433/442681. Glück auf.

Der alte Bergmannsruf passt, denn mittlerweile hat sich das Postkartenpanorama des Heinsberger Landes rund um die Millicher Halde breit gemacht. 136.000 Stück verschiedenster Gehölze wurden angepflanzt, im oberen Bereich wachsen vor allem die genügsamen Birken gen Himmel, doch den 360-Grad-Blick de Luxe versperren sie nicht. 120 Meter über dem Meer muss die Sicht grenzenlos sein, und ist sie auch.


Hinterm Horizont geht’s weiter. Bestimmt.

Welch ein Ausblick! Über die Jülicher Börde bis zum Eifelrand. Am Horizont dampft ein Kohlekraftwerk, der Blick fällt tief hinein ins Rurgebiet. Ja doch, ohne „h“, aller Kohlengeschichte vor Ort zum Trotz. Bei idealem Wetter, habe ich mir von einer Einheimischen sagen lassen, ist von hier oben sogar das Spinnennetz des Borussia-Parks in Mönchengladbach zu sehen.


Da guckst du! Heinsberger Land, soweit das Auge reicht.

Ich finde, das klingt: Ferntastisch! Und schaue mich ein letztes Mal um. Kein Zweifel, die Millicher Halde ist weit und breit die höchste, man könnte auch sagen, die größte Sehenswürdigkeit im Kreis Heinsberg.


Unter uns: Ich habe mich natürlich nicht alleine hier hochgetraut. Mein Kollege Marc Albers war mit. Er hat die tollen Fotos gemacht.

INFO fürs Navi: Millicher Halde, Roermonder Straße 22-24, 41836 Hückelhoven

Ingo Plaschke, Niederrhein-Reporter (hauptberuflich für die Neue Rhein Zeitung unterwegs)
Marc Albers, freier Fotograf (am Niederrhein und im Ruhrgebiet im Einsatz)

von
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